Steuerkanzlei Bonn / Steuerberater Franz Segieth

Es liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn die Immobilie (auch) an den geschiedenen Ehegatten überlassen wird. Eine Nutzung zu eigenen Zwecken liegt nur vor, wenn unterhaltsberechtigte Kinder typischerweise zur Lebensgemeinschaft oder Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehören. Das ist nicht der Fall, wenn dauernd getrenntlebende oder geschiedene Ehegatten nicht mehr Teil einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft sind.

Fazit: Es liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn der veräußernde Ehegatte nach dem Scheitern der Ehe aus der zuvor gemeinsam bewohnten Immobilie ausgezogen ist und der andere Ehegatte sowie die beiden gemeinsamen Kinder dort wohnen bleiben. Auf die Beweggründe für die Überlassung der Immobilie an den dauernd getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war seit 1989 verheiratet. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder. Die Ehe wurde 2014 geschieden. Der Kläger und die Kindesmutter waren je zur Hälfte Miteigentümer der Immobilie, die während des Bestehens der Ehe als gemeinsames Familienheim diente. Der Kläger zog infolge der Trennung von der Kindesmutter aus der Immobilie aus. Zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung übertrug die Kindesmutter im Rahmen der Ehescheidung aufgrund der Scheidungsfolgenvereinbarung ihren Miteigentumsanteil an der Immobilie auf den Kläger. Nach der Scheidungsfolgenvereinbarung stand der Kindesmutter jedoch das Recht zu, die Immobilie bis zum 31.12.2018 unentgeltlich zu nutzen.
2018 verkaufte der Kläger die Immobilie. Das Finanzamt berücksichtigte für den Veranlagungszeitraum 2018 Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft, weil eine Steuerbefreiung mangels Eigennutzung durch den Kläger nicht vorliege.

Zu den sonstigen Einkünften zählen auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Dazu gehören Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Das war hier nicht der Fall.

Quelle:BFH | Urteil | IX R 10/22 | 13-11-2023