Steuerkanzlei Bonn / Steuerberater Franz Segieth

Zuschlägen für Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht und gesondert vergütet werden, sind steuerfrei. Die Steuerfreiheit richtet sich nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Dienstentgelt, das für den Bereitschaftsdienst gezahlt wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer für die Tätigkeit, für die er Zuschläge erhält, neben den Erschwerniszuschlägen einen Anspruch auf Grundlohn hat.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Die in Wohngruppen lebenden Kinder und Jugendlichen werden von den Mitarbeitern auch in der Nacht betreut. Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen wurde die Zeit der Bereitschaft nur zu 25% als Arbeitszeit entgolten. Daneben erhielten die Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden je tatsächlich geleisteter Stunde einen Zeitzuschlag in Höhe von 15% des Tabellenentgelts. Das Entgelt für den Bereitschaftsdienst versteuerte die Klägerin regulär als Arbeitslohn. Den Zeitzuschlag für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr zahlte sie steuerfrei aus.
Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die gezahlten Zuschläge über den Höchstgrenzen gelegen und insoweit zu Unrecht steuerfrei ausgezahlt worden seien. Als Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit der Zuschläge sei nicht das Tabellenentgelt, sondern lediglich das Entgelt für den Bereitschaftsdienst anzusetzen. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Der BFH entschied ebenso wie das Finanzgericht. Danach ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer für die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit zusteht. Er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 € anzusetzen (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG). Grundlohn (= laufender Arbeitslohn) steht dem Arbeitnehmer zu, wenn dieser für die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge ohne Bedeutung. 

Die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit des Betreuungspersonals betrug im Streitzeitraum (Januar 2014 bis Dezember 2017) bei Vollzeitbeschäftigung durchschnittlich 39 Stunden. Die regelmäßigen monatlichen Dienstbezüge setzten sich aus der monatlichen Regelvergütung, dem sogenannten Tabellenentgelt, der Kinderzulage und den sonstigen Zulagen zusammen. Die Zeit der nächtlichen Beaufsichtigung wurde gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen als Bereitschaftsdienst behandelt.

Quelle:BFH | Urteil | VI R 1/22 | 10-04-2024